ACHTUNG ACHTUNG - Das Experiment ist umgezogen! Du wirst gleich automatisch auf die neue Startseite umgeleitet:



www.landcruiser-experiment.net



















Hier beschreibe ich, wie ich ohne die geringste Ahnung von der Restauration eines Autos und trotz Ermangelung jeglicher handwerklicher Fertigkeiten versuche, meinen Toyota Landcruiser BJ42 komplett in seine Einzelteile zu zerlegen, und dann vollständig restauriert neu aufzubauen. Angefangen hat alles in einer Garage von 35 Quadratmetern ohne Strom und ohne alles. Du bist herzlich eingeladen, dabei und gespannt zu sein ob das Experiment gelingt. Eine neue Folge gibt's jeden zweiten Montag.

-->

4. Februar 2008

Tag 135: Montage Achsantrieb

<< rückwärts   Schnellnavigation   vorwärts >>



So. Da wär ich erstmal wieder.







Gar nicht so leicht, nach so einer Zwangspause den Anfang wieder zu finden und wieder ins Thema einzusteigen. Komme mir vor, als wäre ich komplett runtergebremst worden.

Müssen also zusehen, dass der Fuß jetzt wieder aufs Gas kommt.

Kurz vorneweg: Ab Tag 135 haben alle eingestellten Bilder auch eine Vergrößerung. Im Moment öffnet sich dafür noch eine neue Seite beim Klick auf das jeweilige Bild. Das werde ich bei Zeiten mal besser machen. Aber auch so entgehen Euch erstmal keine wichtigen Details mehr.

Blicken wir aber jetzt kurz erstmal ohne Bilder gedanklich zurück zu den letzten Arbeitstagen.

- Die Bremszangen sind fertig lackiert und weggelegt. So kann der Lack erstmal richtig schön aushärten.

- Sämtliche grundierten Rahmenteile warten in der Kammer auf ihre Lackierung. Ebenso wie die Achsen.

Die Achsen sollen allerdings erst lackiert werden, wenn die „Diff's“ (Aschsantriebe) wieder drin sind und der Achskörper komplett montiert ist.




Problem ist, das ich an Tag 117 und Tag 119 diese Diff's nicht nur aus, sondern auch auseinandergebaut hatte. Ohne vorher zu fragen. Wo einige von Euch nachträglich noch meinten, dass das vielleicht keine so gute Idee war.





In der Tat ist das Thema, wie ich jetzt gelernt habe, tatsächlich nicht ganz so trivial.





Hier geht es nicht nur darum, dass man alles wieder zusammenschraubt, sondern man muss diverse Einstellungen und Prüfungen vornehmen, damit alles wieder richtig passt und man sich nicht beim ersten heftigeren Ausflug das Differenzial zerhaut.

Zum Glück hatte JüLa damals schon angeboten mal vorbeizukommen, wenn es an das Zusammenbauen und Einstellen geht. Seither hatten wir öfter mal telefoniert und als es jetzt konkret wurde haben wir gleich einen Termin vereinbart.

Vorletzten Samstag haben wir uns in der Werkstatt zum Achsantrieb-Workshop getroffen. Mit dabei war auch noch Marcus, der angeboten hatte, die Cameraführung zu übernehmen, sodass wir die Aktion in großen Teilen auch per Videocamera festhalten konnten.

Dazu später mehr.

Zunächst haben wir mal alle teile zusammengesammelt.




Hier hätten wir erstmal das Tellerrad. Dieses Ding und das Innenleben von dem, was hier so ein bisschen wie eine Glocke über dem Tellerrad aussieht, ist das eigentliche Differenzial.




Und hier ist eben dieses Innenleben.

Beim Hinterachsendifferenzial muss man das Innenleben entfernen, um die Achswellen aus dem Achskörper entfernen zu können. Ihr erinnert Euch.
Zumindest ist das so bei der „Full Floating“-Achse, wie ich eine habe.

Das Innenleben lassen wir heute erstmal außen vor.




Hier nochmal ein Blick auf die Rückseite des Kegelrads und auf die Kleinteile des Innenlebens.




Hier kommen die für heute interessanteren Teile.

Nach Sichtung des Kegelrads (Rechts im Bild) atmet JüLa hörbar auf.




Und zeigt in den mitgebrachten Unterlagen warum.




Laut Schulungsunterlagen zum Thema Achsantrieb bei Toyota im Allgemeinen benötigt man für die Montage des Kegelrads, das die Kraft von der Kardanwelle auf das Tellerrad des Differenzials gibt, IMMER eine neue "Schrumpfbüchse".

Laut JüLa gibt es jedoch auch Kegelräder, bei denen man diese neue Schrumpfbüchse NICHT braucht.

Das Aufatmen galt der Erkenntnis, dass es sich bei meinem um zweiteren Typ handelt. Wir brauchen also KEINE Schrumpfbüchse.

Sonst hätten wir jetzt gleich wieder aufhören können. Es sei denn, ich hätte das Ding bestellt gehabt.




Also geht es weiter mit Theorie. Für Euch im Vergrößerungsmodus auch lesbar.






Dann ging die Arbeit aber auch los.

Erstmal den Differenzialkorb von der Achse entfernen. Den hatte ich wohlweißlich nur mit zwei Muttern verschraubt.




Hier ein Blick in den leeren Differezialkorb.




Und hier auf den offenen Achskörper.




Bei beiden müssen noch Reste der alten Dichtung entfernt werden. Das machen wir mit Spachtel




Und Schleifpapier.




Der leere Differenzialkorb wird so im Schraubstock eingespannt, dass wir von vorne an die Öffnung dran kommen.




Dem folgt der Griff zum Kegelrad.

Wenn man sich das Kegelrad hier anschaut sieht man erstmal oben rechts den Teil mit der Verzahnung. Dem folgt das erste Differenziallager, das auf dem langen, nach vorn hin dicker und glatter werdenden Schaft sitzt. Am Ende dieses glatten Schaftes sitzen zwei Ausgleichsscheiben erst eine etwas dickere und dann eine ganz ganz dünne. Die sind dazu da, dass der Schaft mit dem Kegelrad nachher fest im Diffkorb sitzt und KEIN Spiel hat.




Damit die Lager nicht erst bei der Befüllung der Achsen, sondern schon vor der Montage gut geschmiert sind, pinselt JüLa die Kegelradlager großzügig mit Öl ein.




Dabei wird gleich schon das Öl verwendet, das später für die Befüllung der Achsen genommen wird.

Bei der Verzahnung vom Kegel- mit dem Tellerrad handelt es sich um eine sogenannte Hypoid-Verzahnung. Nachzulesen hier. Da dort extreme Kräfte wirken braucht es hier ein besonderes, nämlich Hypoid-taugliches Öl.

Wie damals besprochen und auch im Handbuch beschrieben braucht man für die Achsen GL-5 SAE 90 Öl. Das „GL-5“ steht dabei für die Hypoid-Tauglichkeit und die 90 für die Viskosität des Öls.

Als wir damals zum ersten Mal die Ölfrage diskutiert hatten, hat mir jemand von Euch einen Link zum Ölrechner der Firma MOTUL unter www.motul.de geschickt. Nachdem ich dort auf der Webseite etwas ausgiebiger gestöbert habe stand fest, dass an meinen Cruiser nix an Ölen rankommt, außer Motul. Abgefahren, was sich hinter einem für einen Außenstehenden unbekannten Markennamen für eine Firma und eine Firmengeschichte verbergen kann. Daher kann ich mir den nun folgenden Exkurs nicht verkneifen.




Ich weiss nicht, wie viele von Euch wissen, das MOTUL so ziemlich eine der ersten, wenn nicht die erste Ölfirma ist, die es gibt. Gegründet 1853 in New York, damals noch unter anderem Namen, hatte man sich mit Schmierölen und Fetten auf tierischer und pflanzlicher Basis beschäftigt, die für den Einsatz in den ersten Verbrennungsmotoren gedacht waren. Als dann mit dem Beginn des Siegeszuges der Dampfmaschine die ganze Industrialisierung und damit einher gehende Massenfertigung mehr und mehr ins Rollen kam, brauchte man immer mehr und immer ausgefeiltere Öle, um Verschleiß an den Maschinen zu reduzieren und diese möglichst effizient zu betreiben.

Als dann 1859 zum ersten Mal nach Öl gebort worden war (ein Film zu diesem Thema ist, glaube ich, dieses Jahr für einen oder mehrere Oskars nominiert), und nachdem die Zahl und Variantenfielfalt unterschiedlicher Motorentypen und der Bedarf an maschineller Energie wuchs und wuchs, explodierte der Bedarf an immer neueren, immer besseren Ölen. Und das neu entdeckte Erdöl lieferte eine neue Basis für die Schmierölproduktion. So wuchs die Firma mit den neuen Anforderungen und Möglichkeiten und sicherte sich durch kontinuierliche Weiterentwicklungen bei kontinuierlich bester Qualität einen festen Platz in der damals noch jungen Schmierstoffwirtschaft.

Als dann auch noch das Automobil die Weltbühne betrat war auch die Marke „MOTUL“, als Verbindung der Worte Motor und Oil, geboren.

Unter dem Firmennamen „Swan & Finch“ mit dem nachfolgend abgebildeten, meines Erachtens nach ultimativ coolem oldscool-Firmenlogo, begann man mit der Erkundung völlig neuer Anwendungsgebiete und der Entwicklung dazu erforderlicher neuer Öl- und Schmierstofftypen.




So wirkte man beispielsweise um 1897 bei der Entwicklung des ersten (Motor-)U-Bootes, der „Argonaute“ mit, deren Diesel-Motoren mit Produkten von „Swan & Finch“ geschmiert wurden. MEGA ABGEFAHREN!!!!!




Im Verlauf des 20. Jahrhunderts behielt das Unternehmen seine Vorreiterrolle in vielen Bereichen weiter bei und wurde so 1953 zum Erfinder des Mehrbereichsöls ( ), 1966 Erfinder des halbysntetischen und um 1970 Erfinder des vollsyntetischen Motoröls. Mit anderen Worten: So ziemlich alle Öle, die wir heute wie selbstverständlich an der Tanke oder sonst wo kaufen, wurden von Motul erfunden.

1958 übernahm der Franzose Ernst Zaugg das amerikanische Unternehmen, benannte es nach dem Markennamen des Hauptproduktes, MOTUL, und führt die Tradition von Innovation und Qualität seither konsequent fort. In der Automobil- und Zweiradwelt, und vor allem im Motorsportbereich ist Motul heute einer der führenden Hersteller von leistungsstarken Schmier- und weiteren Hilfsstoffen wie Bremsenreiniger, Bremsflüssigkeit etc.

Zum Glück gibt es fast direkt vor meiner Haustür eine Werkstatt, die MOTUL-Produkte vertreibt. Im Baumarkt oder an der Tankstelle kommt man an das Zeug gar nicht erst ran.

Auf jeden Fall freue ich mich, in Motul einen weiteren Ausrüster des Experimentes gefunden zu haben, der für Qualität, Tradition und Nachhaltigkeit steht, und den obendrauf noch ein gewisser Hauch von „kultig“ umweht. So kann das ja alles nur was werden…. ;-)


So, und jetzt aber wieder zurück zum Thema.

Das Kegelrad (mit dem geölten Lager) wird in die Diff-Glocke eingesetzt.




Das hintere Lager wird ebenfalls geölt und von der Rückseite in die Glockenöffnung gesetzt.




Dann wird der Flansch, an den später die Kardanwelle aufgeschraubt wird, eingesetzt.




Nämlich so:




Was eigentlich noch dazwischen gehört ist der neue Simmering. Den haben wir erstmal noch weg gelassen. Den setzen wir ganz zum Schluss ein, wenn alles eingestellt ist.






Dann galt es, die beiden Brücken mit den „Einstellmuttern“ (das sind diese großen gelöcherten, mit einem großen Gewinde versehenden Einstelldinger) einzusetzen. Die hatte ich vorher so markiert, dass ich weiss, welche Brücke auf welche Seite kommt.







Und so sieht das ganze in montiertem Zustand aus.

Doch jetzt geht der Spaß erst los. Denn jetzt muss das „Spiel“ eingestellt werden, das letztendlich für das Tragbild verantwortlich ist, wie Kegelrad und Tellerrad ineinander greifen.




Auch hierzu hat JüLa Unterlagen dabei.




Ungefähr so (Mitte) sollte das Tragbild aussehen.




Und das bekommt man, in dem man folgende Punkte richtig angeht (bitte auf dem Photo lesen:)




Für das Einstellen des Spiels geht es jedoch nicht ohne Spezialwerkzeug.




Das hatte mir meine Freundin im Auftrag des Weihnachtsmanns unter den Weihnachtsbaum gelegt:




Eine Messuhr…




samt Magnetfußständer.




Der Ständer verfügt über einen an- und ausschaltbaren Magneten, mit dem man den Ständer bombenfest am Differenzialkorb fixieren kann.

Dann schraubt man die Messuhr ins Halterungsgestänge und richtet sie so aus, dass der Messfühler genau an einem Zahn des Tellerrades aufliegt.




Dann gilt es, so lange mit den Einstellmuttern rumzufummeln, bis das Spiel irgendwo zwischen 0,15 und 0,20 mm liegt.

Dank des Fingerspitzengefühls von JüLa hat das relativ gut funktioniert. Leider war es so spannend, dass ich vergessen habe einige wichtige Schritte zu Photographieren. So zum Beispiel das Aufschrauben der Halterungsstifte der Einstelmuttern am Ende der Einstellerei. Aber wir haben ja noch einen zweiten Achsantrieb, bei dem ich das dann nachholen kann.

Wenn man so was öfter macht, braucht man die Messuhr nicht mehr, da man ein gutes Gefühl dafür bekommt, wie sich das Spiel ungefähr anfühlen muss.




Jetzt geht es an die Prüfung des Tragbildes.

Dazu habe ich eine Tube „Touchierpaste“ im Werkzeughandel gekauft.




Diese muss in Fleißarbeit auf alle Flanken des Kegelrades aufgetragen werden und dann erstmal eintrocknen. Wir haben es heute exemplarisch für drei Zahnflanken durchgeführt.




Um das Tragbild dann auf die eingefärbten Zähne zu bekommen, muss man das Tellerrad verkeilen, um so den Druck von der Straße zu simulieren, und dann das ganze drehen. Zum Verkeilen kann man gut ein Stück Hartholz nehmen.




Und so sieht das Tragbild aus:




Hier nochmal etwas verfremdet, aber dafür noch deutlicher:




Und hier die Unterseite der Flanken.




Blick auf die Unterlagen: Perfekt!

Das Tragbild ist gleich auf Anhieb perfekt.




Das bedeutet eigentlich, dass wir das Ding jetzt fertig zusammenbauen können.




Dazu gehört erst einmal den Simmering einzubauen.




Der wird auf der Innenlippe mit dem neuen (schweineteuren) MOS2-Graphit-Fett eingeschmiert, das ich zusammen mit der Touchierpaste gekauft hatte.








Nachdem der Simmering eingesetzt ist und der Kardanwellenflansch verschraubt wurde, werde ich nochmal ein Tragbild für alle Zähne machen und anschließend alle Schrauben mit dem erforderlichen Drehmoment anziehen. Und dann ist der erste Achsantrieb fertig.

So schwer war das doch gar nicht.




Kann also demnächst das Einsetzen der Achsen kommen. Und der zweite Achsantrieb.




Und weil bunte Praxis immer besser ist als graue Theorie, und weil Wissen teilen mehr Spaß macht als Wissen horten, reichen wir die Praxis nächste Woche einfach nach: Als ersten Landcruiser Experiment Video Crashkurs.

Vielen Dank nochmal an Marcus und JüLa für die Unterstützung und den lustigen Nachmittag. Freue mich schon auf weitere, ähnliche Aktionen.

Und jetzt wünsche ich Euch Allen eine erleuchtete Woche!

Mit verschnupften Grüßen

Tsu

<< rückwärts   Schnellnavigation   vorwärts >>


_________________________________________________________

| 19 Kommentare / Ratschläge |

Zum Seitenanfang / Das Experiment jetzt weiterempfehlen!

___________________________